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Grabungen am Zellhügel erfolgreich fortgesetzt

Seit letzter Woche setzen der Geschichts- und Heimatvereins Mainhausen und die Untere Denkmalschutzbehörde des Kreises Offenbach die Grabungen am Zellhügel bei Mainhausen-Zellhausen fort. Rund zehn ehrenamtliche Helferinnen und Helfer ergründen derzeit die Nordostecke der Überreste einer mittelalterlichen Befestigung. Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger, die Bürgermeisterin der Gemeinde Mainhausen Ruth Disser sowie der Vorsitzende des Geschichts- und Heimatvereins Mainhausen Dr. Ludwig Stenger waren am Dienstagmittag vor Ort, um sich die ersten aktuellen Funde anzuschauen. Bisher wurden vor allem Tierknochen und Reste von Keramikgefäßen geborgen.
„Bereits seit 2009 wird der Zellhügel in verschiedenen Schritten erforscht“, erklärt Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger. „Jede einzelne Grabung ist wie ein Puzzlestein, der langsam ein Gesamtbild entstehen lässt. Diesmal stand die Nordostecke der Befestigung im Fokus der Forscher. Karl Nahrgang, der Entdecker der Anlage, hatte 1953 an dieser Stelle keine eindeutigen Hinweise auf den Umfassungsgraben gefunden. Nun scheint sich abzuzeichnen, dass an dieser Stelle eine Mauer als Schutz genügt hat; auf den Bau eines Grabens konnte offensichtlich aufgrund des im Mittelalter sumpfigen Geländes im Osten und Norden verzichtet werden. Im Westen und Süden schützte ein über zwei Meter tiefer Graben die Siedlung, der 2010 aufgrund erhaltener Eichenpfosten in die Zeit um 937 datiert werden konnte. Offensichtlich wurde die burgartige Siedlung noch im Mittelalter wieder aufgegeben, nur eine Kapelle, die Zellkirche, blieb bis 1816 bestehen.
Wie auch in den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Fundstücke geborgen, die allesamt in das Früh- bis Hochmittelalter vom 9. bis 13. Jahrhundert zu datieren sind. Da die diesjährige Grabungsfläche auf einem Grundstück liegt, das wohl schon sehr lange, vielleicht seit der Aufgabe der Befestigung als Wiese genutzt wird, kamen kaum spätere Funde zutage. Der Schutt der zerfallenen Mauer bedeckt die mittelalterliche Geländeoberfläche über mehrere Meter hinweg, die Funde darin sind wie in einer Zeitkapsel gefangen. Ihre genaue Analyse kann vielleicht einen Hinweis darauf geben, wann die Mauer endgültig einstürzte.
Die bisher gefundenen Tierknochen und Reste von Keramikgefäßen lassen sich allgemein in das 9. bis 13. Jahrhundert datieren. Auffallend sind mehrere Knochen vom Reh, darunter auch Teile von Rehgehörnen, die Spuren von Bearbeitung tragen. Offensichtlich sollten diese zu Schmuck, Messergriffen oder anderen Gerätschaften weiterverarbeitet werden. Im Mittelalter benutzte man wie zur Römerzeit Wachstäfelchen, wenn man sich etwas aufschreiben wollte. Ein indirekter Hinweis darauf ist das Bruchstück eines spitzen Griffels aus Knochen, mit dem man seine Texte in das Wachs ritzte. Ein sogenannter Spinnwirtel, das „Schwungrad“ einer Handspindel, wie sie uns in dem Märchen von Dornröschen begegnet, ist der zweite seiner Art vom Zellhügel und belegt die Textilherstellung vor Ort. Eine Pfeilspitze ist ebenfalls erst das zweite Exemplar, das bisher hier entdeckt wurde. Sie steckte auf der Innenseite der zerstörten Mauer zwischen den Steinen – hier kann man natürlich über die heroischen Verteidiger der Burg spekulieren.
Bisher wurden bei allen Grabungen noch keine Münzen entdeckt, das änderte sich bei der aktuellen Grabung. Bedauerlicherweise ist von der hauchdünnen Silbermünze nur knapp die Hälfte erhalten, aber sie scheint zu dem Typ der sogenannten Handheller zu gehören, die um das Jahr 1200 zunächst in Schwäbisch-Hall geprägt wurden und sich dann im ganzen Deutschen Reich verbreiteten.
„Nach Abschluss der Grabung werden die Metallfunde noch restauriert“, erklärte Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger die weitere Vorgehensweise, „vielleicht kommt unter einer dicken Rostschicht auch noch die eine oder andere Überraschung zutage. Auch die vielen Scherben lassen sich vielleicht zu größeren Gefäßteilen zusammenfügen.“ Die Ausgräberinnen von der Unteren Denkmalschutzbehörde, der Geschichts- und Heimatverein Mainhausen, unterstützt von ehrenamtlichen Mitarbeitern aus dem ganzen Kreis Offenbach sind sich sicher: die Spurensuche am Zellhügel geht auch nächstes Jahr weiter – ein weiteres Puzzleteil wartet!

Im Landschaftsmuseum Seligenstadt sind noch bis zum 30. September 2012 Fundstücke der ersten Grabungen aus den Jahren 2009 bis 2011 zu sehen. Dort ist eine kleine Sonderausstellung den Grabungen am Zellhügel gewidmet.