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Kirchengemeinde gedenkt des Völkermordes am armenischen Volk


Am Freitag, 24. April, um 17 Uhr läuten die Glocken der Evangelischen Kirche Seligenstadt. Wie viele christliche Gemeinden in Deutschland und weltweit erinnert die Evangelische Kirchengemeinde Seligenstadt und Mainhausen durch das große Geläut an den Völkermord am armenischen Volk vor 100 Jahren.

„Am 24. April 1915 ließ die Regierung des Osmanischen Reiches armenische Intellektuelle aus Istanbul ins Landesinnere transportieren und ermorden“, erläutert Pfarrer Martin Franke. „Mehrere Massaker waren der Aktion vorausgegangen. Die gleichzeitige Enteignung und Verwüstung von mehr als 2000 Kirchen, Klöstern, Friedhöfen, Schulen und Bibliotheken deutet darauf hin, dass hier die Erinnerung an eine sehr alte sprachliche und religiöse Minderheit ausgelöscht werden sollte.“ Die Zahl der Opfer aller Ermordungen zwischen 1915 und 1922 wird sehr unterschiedlich zwischen 300.000 und mehr als 1,5 Millionen angegeben.

Heute leben mehr als 6 Millionen Armenier verstreut in aller Welt, knapp die Hälfte davon in der Republik Armenien. Seit Jahrzehnten erinnert der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) jährlich an die Kultur und Verfolgung des armenischen Volkes, das bereits 301 n.Chr. den christlichen Glauben übernahm. „Erschreckend finde ich, dass die Diplomatie des Deutschen Kaiserreichs im Ersten Weltkrieg wohl bewusst die Ermordung eines der ältesten christlichen Völker in Kauf nahm, um das muslimische Osmanische Reich als Bündnispartner gegen Groß-Britannien zu gewinnen“, sagt Pfarrer Martin Franke. „Auch deswegen ist mir diese Erinnerung in Deutschland besonders wichtig.“ Neben der traditionellen Armenisch-apostolischen Kirche gibt es heute auch die Armenisch-katholische und die Armenisch-evangelische Kirche.

Während der Völkermord in der heutigen Türkei weiterhin verleugnet wird, bemüht sich auch die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) um die Erinnerung in den Kirchengemeinden. Die leitenden Geistlichen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau sowie in Kurhessen-Waldeck, Kirchenpräsident Volker Jung und Bischof Martin Hein, begrüßten in ihrem Aufruf zum Gedenken das Schuldbekenntnis des Deutschen Bundestags von 2005 und forderten die Bundesregierung auf, die Anerkennung des Völkermordes zur Vorbedingung eines EU-Beitritts der Türkei zu machen. Außerdem solle der Genozid am armenischen Volk in die Schulbücher aufgenommen werden (im Wortlaut unter http://www.ekhn.de/aktuell/detailmagazin/news/voelkermord-an-armeniern-endlich-aufarbeiten.html). (mf)